Selbstbewusst, entschlossen und geschlossen haben wir gute Chancen



Rede von Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble bei der 3. Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in Hamburg

Wenn schon die Bundeskanzlerin stellvertretend für die deutschen Zuschauer die IOC-Trophy 2007 in Empfang nehmen wird, dann ist es wohl angebracht, dass der innerhalb der Bundesregierung für den Sport zuständige Bundesminister des Innern dem Deutschen Olympischen Sportbund den Dank der Bundesregierung übermittelt für den großartigen Dienst, den der Sport für unser Land leistet. Man kann das nicht hoch genug schätzen.

Es ist in den vorangegangenen Reden von dem großartigen Beitrag des Sports für die vielfältigen und dringenden Aufgaben der Integration gesprochen worden. Ich will das unterstreichen, aber nicht wiederholen und noch ein paar andere Elemente hinzufügen. Unsere freiheitliche Ordnung ist angewiesen auf das Bekenntnis zur Leistung und auf das Wissen, dass es für jeden Menschen ? behindert oder nichtbehindert ? eine unglaubliche Chance und auch eine Erfüllung von Lebensglück ist, die eigene Leistung zu steigern. Ebenso ist jede freiheitliche Ordnung auf das freiwillige Engagement der Menschen angewiesen. Das sind Erfahrungen, zu denen der Sport einen notwenigen Beitrag leistet. Dazu gehört auch das subsidiäre Verhältnis von Sport und Politik, das Ausdruck einer freiheitlichen Ordnung ist und bleiben muss. Deshalb ist es gut, dass wir mit dem Gesetz zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements die Koalitionsvereinbarung nun umgesetzt haben. Denn ehrenamtliche Tätigkeit und bürgerschaftliches Engagement sind lebensnotwendig für unsere freiheitliche Ordnung.

Wir haben dem Sport auch in diesem Jahr wieder viele freudige Ereignisse, Erfahrungen und Erlebnisse zu verdanken. Natürlich ist Freud und Leid immer ein bisschen gepaart: Meine Frau ist Ehrenmitglied bei Arminia Bielefeld, es besteht also eine gewisse familiäre Solidarität zu diesem Verein. Aber es gab auch großartige Veranstaltungen, bei denen wir die Freude beim Publikum gesehen haben, etwa die vielen Weltmeisterschaften, angefangen bei der Handball-WM. Auch wenn wir an die Turner, die Ruderer, die Kanuten denken und uns an die Europameisterschaft im Rollstuhl-Basketball in Wetzlar erinnern, wissen wir, wie viel Freude das Jahr 2007 für den Sport, für die Zuschauer und für unser Land gebracht hat. Wir haben unsere Rolle als Gastgeber nicht nur im Jahr 2006, sondern auch in diesem Jahr 2007 wieder wunderbar wahrgenommen. Auf diese Weise haben wir das Ansehen unseres Landes in der Welt durch den Sport und diese Sportveranstaltungen gestärkt. Im Übrigen leisten wir damit auch einen Beitrag zur internationalen Verständigung zwischen den Menschen. Für all dies gilt Ihnen mein herzlicher Dank.

Deswegen ist es auch gut, dass es gelungen ist, die Mittel im Bundeshaushalt für den Sport insgesamt deutlich zu erhöhen. Ich füge etwas hinzu, was oft vergessen wird: Im Wesentlichen leisten die Länder und Kommunen die Beiträge für den Sport und die Sportförderung in unserer föderalen Ordnung. Der Bund ist zwar besonders im Blickfeld, weil er den Spitzensport auf nationaler Ebene fördert, aber das großartige Engagement von Ländern und Kommunen für den Sport in all seiner Breite gehört zu der bewährten Ordnung von Subsidiarität. Wir sind auf einem guten Weg. Ich bedanke mich natürlich auch bei den Kollegen im Bundestag für die Unterstützung im Sportausschuss und im Haushaltsausschuss.

Im kommenden Jahr haben wir die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele in Peking. Natürlich versuchen wir alles, was man noch an Vorbereitung und Förderung tun kann, zu leisten, um an die Erfolge vergangener Spiele anzuknüpfen und uns vielleicht sogar noch weiter vorne in der Weltspitze zu positionieren. Das gilt für die Olympischen ebenso wie für die Paralympischen Spiele. Ich denke auch an die Special Olympics World Games in Shanghai unmittelbar nach der Frauenfußball-Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr. Deswegen begrüße ich auch, ohne mich ansonsten allzu sehr in die Geschäfte des DOSBeinmischen zu wollen, die Aufnahme neuer Mitglieder.

Wir haben auch eine Reihe von Weltmeisterschaften im kommenden Jahr: Das fängt mit den Rennrodel Weltmeisterschaften in Oberhof an gefolgt von der Bob- und Skate Weltmeisterschaft in Altenberg. Im Übrigen freuen wir uns natürlich fußballerisch auf die Europameisterschaft, wenngleich sie nicht in unserem Land stattfindet ? aber auch nicht allzu weit davon entfernt.

Auch im Sport zeigt sich die alte Versuchung der Menschheit seit Adam und Eva: Alles Großartige können wir immer auch durch Übertreibungen zerstören. Deswegen können wir nicht über das vergangene Jahr reden, ohne die Bemerkung zu machen, dass wir im Kampf gegen Doping nicht nachlassen dürfen. Wir müssen weiter an der richtigen Wahrnehmung der Verantwortung arbeiten, der Eigenverantwortung des Sports wie der subsidiären Verantwortung von Staat und Gesetzgeber. Wir müssen darauf achten ? und da unterstütze ich alle Bemühungen mit großer Entschiedenheit ?, dass wir nicht durch Übertreibung zerstören, was den Sport so großartig macht.

Natürlich ist in manchen Teilen des Sports auch einfach zu viel Geld im Spiel. Inzwischen reden wir ja auch noch über Wettbetrug. Ich bin ganz froh, dass der Bund dafür nicht zuständig ist, sondern die Länder. Aber es ist ein ganz interessanter Ansatz, die Rolle von Rekorden ein Stück zurück zu nehmen, weil darin auch immer die Versuchung steckt, das Eigentliche durch Übertreibung zu zerstören.

Wir haben das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings auf den Weg gebracht. Es ist am 1. November 2007 in Kraft getreten. Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass wir hier die richtige Linie gehalten haben. Man sollte nicht den Eindruck erwecken, als könnte das Problem mit gesetzlichen Mitteln gelöst werden. Man darf sich von Gesetzen und auch von Staatszielbestimmungen im Grundgesetz nicht zu viel erwarten. Der Kampf gegen Doping muss durch konkrete Maßnahmen unterfüttert werden, auf die wir uns konzentrieren müssen. Wir haben mit dem Gesetz das getan, was der Staat, der Strafgesetzgeber und die Politik tun können: Wir haben etwa die Strafen für das banden- und gewerbsmäßige Doping nach dem Arzneimittelgesetz verschärft, den erweiterten Verfall eingeführt, der Gewinnabschöpfungen ermöglicht, und Ermittlungsbefugnissen auf das Bundeskriminalamt übertragen. Das und vieles andere mehr zeigt, wie wichtig wir das Thema nehmen. Ende November ist auch die Dopingmittel-Mengenverordnung in Kraft getreten. Wir kommen also voran, aber die Probleme sind nicht gelöst. Das haben uns unsere bitteren Erfahrungen gelehrt.

Auf internationaler Ebene haben wir das UNESCO-Übereinkommen gegen Doping im Sport ratifiziert, das für Deutschland am 1. Juli 2007 in Kraft getreten ist. Wir sind in der Word-Anti-Doping-Agency ein Stück vorangekommen, auch wenn ich nicht alles, was ich über die Konferenz in Madrid gelesen und verfolgt habe, mit uneingeschränkter Begeisterung zur Kenntnis genommen habe. Da bleibt noch viel zu tun und wir werden wahrscheinlich versuchen müssen, die europäische Rolle innerhalb der WADA etwas effizienter zu gestalten, als es dieses Mal der Fall gewesen ist. Vielleicht bringen wir ein stärkeres gemeinsames europäisches Handeln in solchen internationalen Organisationen zustande, wenn der europäische Reformvertrag ? Lissabon-Vertrag wird er dann wohl heißen ? in Kraft ist.

Wir haben die Mittel, die der Bund für die NADA zur Verfügung stellt, aufgestockt, und wir hoffen, dass das Vorbild des Bundes sich nicht nur bei den Ländern, sondern auch bei der Wirtschaft positiv auswirkt. Und zwar nicht, indem die Wirtschaft den Bund lobt, sondern indem sie seinem guten Beispiel möglichst tatkräftig folgt. Denn es ist der Sinn von guten Vorbildern, dass andere nachfolgen. Wir werden auf der internationalen Ebene auch im Interesse der Sportler weiterarbeiten müssen. Die Sportler sind in einer schwierigen Lage. Wenn es uns gelingen sollte, international noch ein Stück voranzukommen, dann hätten wir bessere Chancen auf eine einigermaßen befriedigende Regelung, von der wir heute weit entfernt sind.

Ich habe das Thema Wettbetrug schon angesprochen. Ich glaube schon, dass wir auf der europäischen Ebene noch ein Stück vorankommen müssen. Aber wir haben das Verständnis von Subsidiarität und das Verhältnis zwischen Staat und freien Sportorganisationen in Europa nicht überall in der gleichen Weise. Wir sollten deshalb darauf achten, dass wir das Kind nicht mit dem Bade ausschütten und nicht in dem Drängen nach Anerkennungen auf allen möglichen Ebenen am Ende mehr eingreifende Regulierung als Stärkung der freien Selbstverwaltung und Selbstverantwortung des Sports erreichen. Darauf muss man im europäischen Bereich immer ein wenig achten. Der Deutsche Olympische Sportbund hat die Bundesregierung an seiner Seite, wenn es darum geht in Europa zu begreifen, dass wir ? auch wenn das Prinzip richtig ist ? durch Übertreibung alles zerstören. Es ist wichtig, dass wir nicht alle Bereiche menschlichen und gesellschaftlichen Lebens allein nach den Gesetzen der europäischen Binnenmärkte regulieren, denn dann würde die Besonderheit des ehrenamtlichen Engagements ein ganzes Stück weit verloren gehen. Auch darauf muss man dringen, und dafür muss man kämpfen.

Wenn ich die Tagesordnung richtig verstanden habe und wenn meine Vermutung richtig ist, warum wir so geschätzte und hochrangige Vertreter einer deutschen Großstadt und des Freistaates Bayern in unserer Mitte haben, werden Sie sich noch mit der Beschlussfassung der Bewerbung der Stadt München um die Winterspiele und die Paralympics 2018 beschäftigen. Ich möchte Ihnen, ohne Ihrer Beschlussfassung vorgreifen oder mich einmischen zu wollen, lediglich sagen, dass ich Ihnen für den Fall einer entsprechenden Entscheidung die einmütige, entschlossene Unterstützung der Bundesregierung zusage. Wir haben bei vielen Sportveranstaltungen gesehen ? nicht nur bei der Fußball-Weltmeisterschaft, aber dort vielleicht besonders deutlich ?, welche großartige Chance solche herausragenden internationalen Sportveranstaltungen für unser Land sind. Wir haben in den letzten Jahren auch gesehen ? wir haben ja seit der letzten erfolgreichen Bewerbung, die schon eine Zeitlang zurück liegt, eine Reihe von Bewerbungen gehabt, die nicht erfolgreich gewesen sind ?, dass es nicht einfach ist, die Anforderungen zu erfüllen und in dem Wettbewerb solcher Veranstaltungen erfolgreich zu sein. Mein Appell ist daher: Wir sollten uns dem Wettbewerb selbstbewusst, entschlossen und geschlossen stellen. Wenn wir es gemeinsam wirklich anpacken, dann haben wir auch eine gute Chance, es zu schaffen. Es gibt nie eine Erfolgsgarantie. Aber wer sich nicht ernsthaft daran macht, hat gar keine Chance; insofern gilt auch da, dass Sport bewegt.

Mein Wunsch ist, dass wir Olympische Spiele austragen können. Wir haben das Konzept der Stadt München und des Freistaates Bayern vor kurzem in Frankfurt miteinander angeschaut. Ich glaube, es ist ein gutes Konzept. Ich glaube, wir haben eine Chance, damit erfolgreich zu sein, und ich sage Ihnen zu, dass die Bundesregierung alles, was in ihrer Macht steht, tun wird, um zum Erfolg einer solchen Bewerbung beizutragen. In diesem Sinne freue ich mich auf die Präsentation.