11. Sportbericht der Bundesregierung im Deutschen Bundestag



Rede Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäubles in der Debatte des Deutschen Bundestages zum 11. Sportbericht der Bundesregierung (Protokollauszug)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Die Beratung des Sportberichts gibt Anlass, zunächst einmal zu sagen, dass wir in diesem Haus ein Stück weit Gemeinsamkeit hinsichtlich der Unterstützung des Sports und der Förderung des Leistungssports haben und dass wir über die Legislaturperioden hinweg kontinuierlich Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass unsere Sportler auch in der internationalen Spitze mithalten können.

In dem Sportbericht geht es ja im Wesentlichen um die Sportförderung in der vergangenen Legislaturperiode. Wir haben die in den zurückliegenden Legislaturperioden auf hohem Niveau geleistete Förderung in dieser Legislaturperiode fortgeführt. Wir haben in den Haushaltsberatungen durch die Bemühungen des Bundestages deutlich erhöhte Ansätze für das Jahr 2008 erreicht. Ich hoffe, dass wir das im Jahre 2009 fortschreiben können, wir befinden uns ja im Augenblick in den Haushaltsberatungen. Ich bedanke mich im Voraus für die Unterstützung.

Vielleicht ist es interessant, die Zahlen zu hören: In den Jahren 2002 bis 2005 hat die Sportförderung des Bundes insgesamt 920 Millionen Euro für den Sport zur Verfügung gestellt, davon entfielen allein 700 Millionen Euro auf die Förderung des Spitzensports im Haushalt des Bundesministeriums des Innern. Wie gesagt: Wir werden das fortsetzen.

Auch das will ich an dieser Stelle sagen: Wir haben kontinuierlich und zunehmend auch die Förderung des Behindertensports in die Sportförderung einbezogen. Das ist richtig und notwendig, was man auch an dem Stellenwert erkennt, den die Paralympischen Spiele und auch die Weltspiele für Behinderte national und international gewonnen haben.

Bei der Gelegenheit möchte ich auch darauf hinweisen, dass sich die Bundesregierung – auch ich persönlich – sehr dafür einsetzt, dass die Rahmenbedingungen – auch hinsichtlich der beruflichen Möglichkeiten – für Behindertensportler verbessert werden. Deswegen bemühen wir uns, in der Bundesverwaltung, auch in den Ministerien der Bundesregierung, für behinderte Sportler Beschäftigungs- und Ausbildungschancen zu schaffen. Auch das ist richtig.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass es neben der Sportförderung generell wichtig ist, mit der Stiftung Deutsche Sporthilfe, aber auch sonst die Bemühungen um das, was man als duale Karriere bezeichnet, fortzusetzen und zu intensivieren und für junge Menschen, die sich einen wesentlichen Teil ihrer Jugend- und jüngeren Erwachsenenzeit darauf konzentrieren, Spitzensport zu treiben, zugleich Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für das Leben nach der Konzentration auf Leistungssport zu schaffen. Dies kann der Staat allein nicht leisten. In einer freiheitlichen Gesellschaft soll er dies auch nicht. Umso wichtiger ist es, dass wir die Gesellschaft und die Wirtschaft immer wieder daran erinnern. Im Übrigen bin ich ganz sicher, dass es für vielerlei Arten von Tätigkeiten kaum qualifiziertere Menschen gibt als die Männer und Frauen, die sich Jahre ihres Lebens darauf konzentriert haben, neben Ausbildung und Beruf Spitzenleistungen im Sport zustande zu bringen. Dies erfordert ein Maß an Konzentrationsfähigkeit und an Disziplin, das man in jedem Lebensbereich dringend gebrauchen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

In diesem Zusammenhang: Die finanzielle Ausstattung der Stiftung Deutsche Sporthilfe wird uns in den kommenden Jahren zunehmend beschäftigen. Ich werbe dafür, dass wir bei dem Grundgedanken bleiben, dass die Stiftung Deutsche Sporthilfe ein Sozialwerk unserer freiheitlich verfassten Gesellschaft und nicht etwas ist, das der Steuerzahler zu finanzieren hat. Aber es ist wichtig, was die Stiftung Deutsche Sporthilfe für die soziale Absicherung und die Herstellung gleicher Wettbewerbschancen von Leistungssportlern auf internationalem Niveau leistet; das ist unersetzbar und muss auch unter veränderten Rahmenbedingungen fortgesetzt werden. Dieses Thema wird uns in den kommenden Jahren zunehmend beschäftigen.

Zu dem Großartigen unseres Sports und seiner gesellschaftlichen Bedeutung – das ist bereits oft gesagt worden, und ich will dies noch mal unterstreichen – gehört die Freiheit: Die Freiheit für Sportler, die Freiheit unserer Sportorganisationen und das ehrenamtliche Engagement sind entscheidende Rahmenbedingungen dafür, dass unser Spitzensport mit seiner Vorbildwirkung für den Breitensport und der Sport insgesamt in allen gesellschaftlichen Bereichen so Großartiges leisten können. Deswegen müssen wir diese freiheitliche Sportorganisation auch unter dem Aspekt der Subsidiarität immer wieder verteidigen. Selbst wenn wir es als Politiker gut meinen, sollten wir die vorrangige Entscheidungszuständigkeit des Sports und ihrer gewählten Repräsentanten respektieren und akzeptieren. Das ist die Voraussetzung für eine freiheitliche Sportorganisation.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, dies bedeutet, dass wir uns – übrigens zunehmend auch auf europäischer Ebene – darum bemühen müssen, dem freiheitlichen Sport in den Rahmenbedingungen den notwendigen Freiraum zu verschaffen. Sobald der Lissabon-Vertrag in Kraft getreten sein wird, wird der Art. 165 des EU-Vertrags, der die gesellschaftspolitische Bedeutung des Sports anerkennt, auf europäischer Ebene eine Grundlage dafür schaffen, dass man die Autonomie und die besondere gesellschaftliche Eigenart des Sports stärker berücksichtigt und in Europa nicht mehr alles nur unter den Regeln der wirtschaftlichen Grundfreiheiten des Binnenmarkts betrachtet. Deswegen setze ich mich dafür ein, dass wir das im Weißbuch der EU für den Sport auf europäischer Ebene stärker berücksichtigen und dass wir bei Fragen, die die Selbstorganisation des Sports betreffen, uns auf europäischer Ebene einsetzen und bei allen europäischen Institutionen um Verständnis werben, dass wir das Großartige im Sport erhalten, wozu auch seine Selbstorganisation gehört.

Ähnliches gilt im Hinblick auf das nationale und europäische Wettbewerbsrecht für die Rahmenbedingungen des professionell organisierten Sports und seiner Vermarktung. Sie kennen die aktuelle Debatte, die nicht einfach ist. Aber wem die Freiheit und die gesellschaftspolitische Bedeutung einer freien Sportorganisation am Herzen liegen, der muss wissen, dass nicht alles über einen Leisten geschlagen werden darf. In diesem Falle gefährdeten wir zu viel von dem Großartigen des Sports und seiner Selbstorganisation. Deswegen nutze ich die Gelegenheit, dafür zu werben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben im Übrigen auch in der Steuerpolitik der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode die Rahmenbedingungen für ehrenamtliches Engagement im Sport weiter verbessert. Das heißt, wir reden nicht nur bei Sportdebatten über die Grundsätze, sondern wir handeln auch in den konkreten Schritten nach diesen Prinzipien. Das ist entscheidend wichtig.

Ich habe von den Rahmenbedingungen für den Leistungssport auf internationaler Ebene gesprochen. In diesem Zusammenhang möchte ich festhalten: Wenn wir jungen Menschen die Chance bieten, im internationalen Wettbewerb mitzuhalten, und wenn wir uns auch für die soziale Absicherung und für die duale Karriere einsetzen, dann ist dies das Beste, was wir tun können, um den Missbrauch von Doping zu bekämpfen. Denn wer gute Trainingsbedingungen hat und über eine hinreichende soziale, berufliche Absicherung verfügt, ist weniger anfällig für die Versuchung, durch den Missbrauch leistungssteigernder Mittel die Fairness im Sport zu untergraben. Die schlimmste Gefahr für den Sport ist, dass die Regeln nicht mehr beachtet werden. Wir müssen für Fair Play eintreten, sonst würde der Sport das verlieren, was ihn so großartig macht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben in diesem Bundestag das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport verabschiedet. Wir haben die rechtlichen Grundlagen geschaffen. Wir haben die finanziellen Mittel der Dopingbekämpfungsagentur erhöht. Auch dieser Weg muss fortgesetzt werden. Aber allein mit gesetzlichen Maßnahmen und Kontrollen ist das nicht zu schaffen.

Gestatten Sie mir eine Bemerkung zu den Olympischen Spielen, die dieses Jahr in Peking stattfinden werden. Wir haben in den vergangenen Wochen viele und auch nicht gerade einfache Debatten zu diesem Thema geführt. Ich habe bei meinem Besuch in Peking mit meinem chinesischen Kollegen sehr ausführlich und intensiv über dieses Thema gesprochen. Wir haben Vereinbarungen über die Zusammenarbeit in der Sportwissenschaft – übrigens insbesondere im Bereich der Dopingbekämpfung – geschlossen. China hat in den letzten Jahren in der Dopingbekämpfung beachtliche Anstrengungen unternommen. Ich glaube, wir haben nicht nur national, sondern auch international eine Chance, im Kampf für faire Bedingungen und für das Verbot von Doping erfolgreicher zu sein, als wir es in den vergangenen Jahren waren. Ich bin alles andere als naiv; es wird weiter Verstöße geben. Wir müssen den Kampf gegen Doping weiterhin ernst nehmen, aber ich glaube, dann besteht eine gute Chance, dass wir Spiele miterleben dürfen, bei denen wir Freude an den Leistungen der Athleten haben können.

Ich hoffe, dass die chinesische Führung besser versteht, dass die Olympischen Spiele vor allem Spiele der Freude sein sollen, ein Fest und eine Begegnung der Völker – etwas, was China von den Olympischen Spielen genauso erwartet, wie wir es uns in Deutschland von der Fußballweltmeisterschaft erwartet und auch erreicht haben. Das gibt einem Land die Chance, sich stärker zu öffnen. Das muss man nicht fürchten; dem muss man sich vielmehr anvertrauen.

Die Vorbereitungen, die China getroffen hat, sind respekterheischend. Dass es Probleme gibt, ist wahr. Darüber haben wir bereits gesprochen. Man darf dem nicht ausweichen. Das liegt auch im Interesse Chinas selbst. Ich glaube, dass wir insgesamt bei allen schwierigen Diskussionen auf einem zuversichtlich stimmenden Weg sind.

Die Fußballeuropameisterschaft liegt unmittelbar vor uns. Manche sind sicherlich in Gedanken schon bei dem Spiel in Klagenfurt am Sonntagabend. Wir müssen aber in einer Debatte über die Bedeutung des Sports immer daran erinnern, dass wir alles tun müssen, um Gewalt im Sport – insbesondere in Fußballstadien – mit aller Entschiedenheit zu bekämpfen, um den Sport nicht den Gewalttätern, den Radikalen und den Krawallmachern zu überlassen.

Ich habe großen Respekt und Dankbarkeit gegenüber dem Engagement und der Verantwortung der zuständigen Verbände, insbesondere des Deutschen Fußball-Bundes. Die Polizeien in Bund und Ländern unterstützen sie nach Kräften.

Wie Sie wissen, haben wir bei der Fußballweltmeisterschaft die Unterstützung von Polizisten aus allen europäischen Ländern bekommen. Bei der Fußballeuropameisterschaft in der Schweiz und in Österreich werden insgesamt 1 700 Polizisten Deutschlands aus Bund und Ländern im Einsatz sein. Eine vergleichbare Größenordnung hat es zuvor nie gegeben.

Das zeigt erstens, dass wir in der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit wirklich vorankommen, und zweitens, dass alle Länder – auch unsere Nachbarstaaten – sehr froh sind, dass wir in Deutschland in Bund und Ländern eine so gute Polizei haben. Es zeigt drittens, dass die Polizei, wie alle Sicherheitsorgane – das sage ich auch im Hinblick auf andere Debatten, die wir diese Woche geführt haben -, Freiheit und Friedlichkeit schützt und dafür notwendig ist.

Die Anstrengungen, die wir in der Politik – Gesetzgeber, Parlament, Regierung und Verwaltung – unternehmen, ist etwas, was sich nicht nur auf die Fußballeuropameisterschaft, sondern auch auf viele andere nationale und internationale Wettbewerbe in der Vergangenheit oder in der Zukunft wie die Hockeyweltmeisterschaft und die Handballweltmeisterschaft in den vergangenen Jahren oder die Leichtathletikweltmeisterschaft im nächsten Jahr, auf die wir uns freuen, bezieht. Es dient dem Ansehen unseres Landes und der Steigerung der Lebensfreude in unserem Land.

Sport ist etwas von dem Schönsten, was wir haben. Die Qualität, die Leistungen und die Attraktivität der Wettbewerbe auf höchstem internationalen Niveau motivieren zugleich viele Menschen, selber Sport zu treiben und damit ein Stück weit glücklicher zu werden und bessere Chancen auf ein erfülltes Leben zu haben. Deswegen bin ich sicher, dass die Bemühungen, die wir gemeinsam – auch in der Verantwortung für Steuergelder – in der Sportpolitik unternehmen, mit das Beste sind, was wir für die Nachhaltigkeit unserer freiheitlichen Ordnung tun können.

Herzlichen Dank.

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