Deutschland steht insgesamt gut da



Rede von Dr. Wolfgang Schäuble Bundesminister der Finanzen beim Deutschen Arbeitgebertag

Die aktuellen Koalitionsverhandlungen unterscheiden sich von früheren Verhandlungen in einem ganz wesentlichen Punkt: Bei den Verhandlungen vor vier, acht oder elf Jahren war die Ausgangslage eine ganz andere.

Vor elf Jahren galt Deutschland als der „kranke Mann“ Europas. 2005 – also vor acht Jahren – durchliefen wir ein Defizitverfahren der Europäischen Kommission wegen Überschreitung der Defizitgrenze von 3 Prozent. Wir hatten den Stabilitätspakt gebrochen. Die Staatsfinanzen waren zerrüttet – im Bund, in den Ländern und in den Kommunen. Das Rentensystem war nicht zukunftssicher, sondern durch eine schwierige Finanzlage gekennzeichnet.

Vor vier Jahren kamen wir aus dem schwersten wirtschaftlichen Einbruch der Nachkriegszeit. Wir hatten 2009 einen Rückgang unseres Bruttoinlandproduktes um über 5 Prozent. Wir sind gut durch diese schwierige Krise gekommen, besser als andere. Aber als ich das Amt des Finanzministers angetreten und gesagt habe, wir werden dieSchuldenbremse einhalten, sind Wetten angeboten worden: „Das schaffen Sie nie.“

Heute ist die Einhaltung der Schuldenbremse kein Thema mehr. Wir sind in einer insgesamt guten Situation. Das zeigt sich nicht nur an der höchsten Beschäftigung in der Geschichte der Bundesrepublik, sondern auch an einer Reihe anderer Indikatoren.

Wir müssten ja alle mit dem Klammerbeutel gepudert sein, wenn wir diese erfolgreiche Politik in einer Zeit großer Herausforderungen nicht fortsetzen würden.

Es gibt eine Reihe von Problemen, die wir lösen müssen. Wir müssen uns in einer Welt der zunehmenden globalen Verflechtung gut behaupten. Dafür müssen wir uns ständig neu anstrengen und dürfen unter gar keinen Umständen glauben, wir könnten uns auf erreichten Erfolgen ausruhen. Das Innovationstempo ist so hoch, dass man in zwei Jahren alles verspielen kann, was man in vier Jahren mühsam errungen hat.

Wir stehen vor einer Reihe großer Herausforderungen: Wir sind noch mitten dabei, die Energiewende so zu gestalten, dass sie die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die Zukunftschancen des Wirtschaftsstandorts Deutschland gewährleistet. Das war eine der großen Herausforderungen der letzten Legislaturperiode und wird auch in dieser Legislaturperiode eine der größten Herausforderungen sein.

Wir haben einen Nachholbedarf bei der Infrastruktur, insbesondere bei der Verkehrsinfrastruktur. Darüber besteht Einigkeit zwischen allen Parteien.

Wir müssen Grundfragen und Grundprobleme bei der Bewältigung gesamtstaatlicher Aufgaben in unserem bundesstaatlichen Verhältnis klären. So sehr wir von der Überlegenheit des Föderalismus in Deutschland überzeugt sind, so sehr wissen wir, dass wir im Zusammenwirken von Bund und Ländern Handlungsbedarf haben – auch angesichts unterschiedlicher finanzieller Situationen in Bund, Ländern und Kommunen. Es muss uns gelingen, die Bund-Länder-Finanzbeziehungen so auszugestalten, dass wir gemeinsam in der Lage sind, die gesamtstaatlichen Aufgaben gut zu bewältigen.

Es gibt also eine Menge Dinge, die eine sogenannte Große Koalition gut leisten kann. Aber sie muss natürlich darauf achten, dass sie nicht das aufs Spiel setzt, was wir in den letzten Jahren erreicht haben. Sie muss den erfolgreichen Kurs der letzten Jahre verlässlich und konstant weiterführen. Und bei allen notwendigen sozialen Aufgaben, die es immer gilt, besser zu lösen, muss darauf geachtet werden, dass nur das verteilt werden kann, was vorher erwirtschaftet worden ist.

Vor wenigen Tagen wurde das Jahresgutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vorgelegt. Darin hat der Sachverständigenrat sehr klar formuliert, wir sollten weiter Schritt für Schritt vorangehen und darauf achten, dass wir nicht „eine rückwärtsgewandte Politik“ einschlagen.

Das gilt natürlich auch für die Finanzpolitik. Auch hier werden wir den erfolgreichen Kurs der letzten Jahre fortsetzen. Wir werden die erwirtschafteten Überschüsse dazu nutzen, um dringend notwendige Investitionen zur Verbesserung insbesondere der Verkehrsinfrastruktur vorzunehmen und um bildungspolitische Aufgaben zu lösen.

Bei dieser Ankündigung wird schon kritisiert, wir hätten das Ziel der Schuldentilgung aufgegeben. Dabei weisen wir gesamtstaatlich schon einen Überschuss aus und wir sind nicht mehr im Defizitverfahren der Europäischen Union. Der gesamtstaatliche Schuldenstand beträgt aktuell noch knapp 80 Prozent. Wenn aber die mittelfristige Finanzplanung verwirklicht werden kann, wenn uns also unvorhergesehene Ereignisse erspart bleiben, dann werden wir bis Ende dieser Legislaturperiode, also bis 2017, die gesamtstaatliche Verschuldung auf unter 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zurückführen können.

Und den Schuldenstand von unter 60 Prozent des Bruttoinlandprodukts, der im Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt das Ziel für die dauerhafte Tragfähigkeit der öffentlichen Gesamtverschuldung ist, können wir bis Anfang des nächsten Jahrzehnts erreichen, wenn wir diese Politik fortsetzen. Dazu brauchen wir im Übrigen keine Steuererhöhungen.

Denn wenn wir einen gesamtstaatlichen Finanzierungsüberschuss haben, dann zeigt das, dass die Steuereinnahmen in Deutschland so bemessen sind, dass sie bei einer vernünftigen Gestaltung der Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen ausreichen, um die öffentlichen Ausgaben zu finanzieren. Mit höheren Steuern würden wir am Ende nur Wachstumschancen verspielen. Wir würden Vertrauen zerstören und am Ende weniger Steuereinnahmen generieren. Das wäre eine törichte Politik, die wir nicht machen werden.

Wir haben in den letzten vier Jahren bewiesen, dass für die Höhe der Einnahmen der öffentlichen Haushalte nicht in erster Linie die Höhe der Steuersätze entscheidend ist, sondern die Gestaltung der Rahmenbedingungen für eine gute gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Insbesondere die Entwicklung am Arbeitsmarkt spielt eine wichtige Rolle.

Damit die gute Entwicklung anhält, dürfen wir Vertrauen nicht zerstören, sondern müssen auf langfristige verlässliche Rahmenbedingungen setzen. So haben wir den politischen Rahmen gesetzt, damit die Wirtschaft selbst in den vergangenen Jahren diese große Aufholleistung erbringen konnte, um die uns der Rest Europas und der Welt beneidet und bewundert.

Viele glauben, dass man Probleme dadurch lösen könne, dass man mehr Geld in die Wirtschaft pumpt. Die einen greifen hierfür auf die Notenpresse zurück. Das hat auch seine Probleme. Die anderen machen es durch eine untragbare Neuverschuldung. Beides führt zu Fehlanreizen. Am Ende werden die eigentlichen politischen Aufgaben vernachlässigt. Diese bestehen darin, sich durch Strukturreformen an sich ständig verändernde Rahmenbedingungen in der Weltwirtschaft anzupassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wenn man die Strukturreformen nicht vornimmt, wird man dauerhaft nicht wettbewerbsfähig sein.

Manche sagen, wir sollten es machen wie die Vereinigten Staaten von Amerika. Dabei muss man aber die sehr viel schwierigeren Rahmenbedingungen für nachhaltiges Wachstum in Europa im Vergleich zu anderen großen Industrienationen berücksichtigen. Europa hat spezifische Besonderheiten, die eine Übertragbarkeit amerikanischer Wachstumsmodelle auf Europa ausschließen. Wir haben eine völlig andere demografische Entwicklung. Wir haben ein viel größeres Bedürfnis nach Absicherung. Die Ausgaben für Sozialleistungen in Europa sind im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt doppelt so hoch wie in allen anderen großen Wirtschaftsräumen der Welt. Und wir haben eine viel größere Risikoaversion. Wir haben eine größere Skepsis gegenüber neuen Technologien.

Mit diesen Rahmenbedingungen müssen wir wettbewerbsfähig sein. Und wir müssen in Deutschland darauf achten, Stabilitätsanker und Wachstumslokomotive in Europa zu bleiben. Wir müssen zugleich anderen ein Ansporn sein, damit sich diese ihrerseits an die vereinbarten Regeln halten. Wir sind nicht der Lehrmeister für andere, wir haben auch gar keinen Grund dazu. Aber wir wollen kein schlechtes Vorbild geben.

Wir wollen nicht arrogant sein. Aber wir wollen anderen helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Es geht uns nicht darum, ein „deutsches Europa“ zu schaffen. Es geht uns vielmehr darum, dafür zu sorgen, dass Europa insgesamt stark ist, damit Europa seiner Verantwortung in dieser enger zusammenwachsenden und sich schnell wandelnden Welt gerecht werden kann – nicht mehr und nicht weniger.

Wir erleben derzeit eine Debatte über die hohen deutschen Exportüberschüsse. Ich habe beim letzten Finanzministertreffen in Brüssel gesagt, dass ich es sehr begrüße, dass die Europäische Kommission auf die Einhaltung aller Regeln achtet. Das soll sie immer tun. Wir führen gerade zum ersten Mal für die Mitgliedsländer der Eurozone das Haushaltsüberwachungsverfahren durch. Die Haushaltspläne aller Mitglieder werden einer Beurteilung durch die Kommission unterzogen. Sie werden daraufhin überprüft, ob sie den Vorgaben des Stabilitätspakts entsprechen. Wir haben schon gehört, dass unser Haushaltsplan den Vorgaben entspricht und wir werden uns sehr dafür einsetzen, dass alle sich an die vereinbarten Regeln halten.

Nun haben wir im Regelwerk der Europäischen Union und auch im G20-Rahmen vereinbart, dass man auch Ungleichgewichte untersuchen muss. Es gilt die einfache Theorie: Wo Defizite sind, müssen Überschüsse sein, also muss man auch Überschüsse untersuchen. Da Deutschland zum dritten Mal einen Leistungsbilanzüberschuss von über 6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufweist, hat die Europäische Kommission eine genaue Untersuchung der deutschen Überschüsse angekündigt.

Aus meiner Sicht ist zu begrüßen, dass die Regeln eingehalten werden. Sie sollen gegenüber uns und auch gegenüber allen anderen eingehalten werden. Ich weiß aber, die vertiefte Prüfung wird ergeben, dass unsere Exportüberschüsse nicht durch Manipulation entstanden sind, sondern durch die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft.

Wir alle wollen ein starkes Europa. Die Leistungsbilanzüberschüsse dienen nicht dazu, anderen zu schaden, sondern sie sind unser Beitrag zu einem starken Europa. Und eben dies wird sich herausstellen. Deswegen bin ich völlig entspannt und sage noch einmal: Wir halten uns an die Regeln. Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir an andere appellieren können, sich auch an die Regeln zu halten.

Im Übrigen ist auch wahr: Unser Wachstum ist ja nun wirklich nicht hoch. Unser bescheidenes Wachstum ist zu 80 Prozent getragen durch den Anstieg der privaten Nachfrage. Das zeigt übrigens, dass wir mit der Politik verlässlicher Rahmenbedingungen nicht nur die Voraussetzungen für eine Verbesserung des Investitionsklimas geschaffen haben, sondern auch die Voraussetzungen dafür, dass der private Konsum angezogen hat. Deswegen müssen wir darauf achten, dass wir nicht Verunsicherung schüren, sondern dass wir bei diesem eingeschlagenen Weg bleiben. Letzten Endes ist – jenseits aller ökonomischen Theorien – Vertrauen die wichtigste Ressource, die die Politik als Grundlage für eine gedeihliche wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen hat. Und wenn die Politik es zerstört, dann ist es um die wirtschaftliche Entwicklung schlecht bestellt, denn wirtschaftliche Entscheidungen sind immer Entscheidungen von Marktteilnehmern, die eine Einschätzung der künftigen Entwicklung vornehmen. Damit ist Vertrauen die entscheidende Ressource unserer Volkswirtschaft.

Das ist übrigens nichts Neues. Ludwig Erhard hat schon gesagt, Wirtschaftspolitik sei zu mehr als 50 Prozent Psychologie. Ein Hin und Her ist daher genauso schlecht wie eine Politik unverantwortlich hoher Verschuldung. Und deswegen werden wir an unserem finanzpolitischen Kurs der Solidität und Stabilität in Deutschland festhalten. Wir werden darauf bestehen, dass dieser Kurs auch in Europa Schritt für Schritt verwirklicht wird.

Wir erhalten in allen internationalen Berichten Unterstützung dafür, dass dies der richtige Weg ist. Auch der Internationale Währungsfonds und die OECD sagen wieder und wieder, dass Strukturreformen die entscheidende Voraussetzung dafür sind, dass man wirtschaftliche Probleme überwinden kann, dass man Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnt und erhält. Nur so können wir die Probleme in Europa lösen!

Wir sind übrigens – entgegen aller Zweifel – in den letzten vier Jahren bei der Bekämpfung der Auswirkungen der Vertrauenskrise unserer gemeinsamen europäischen Währung viel erfolgreicher gewesen als die meisten vor ein paar Jahren vorherzusagen gewagt hätten.

Der Euro ist nicht mehr im Fokus weltwirtschaftlicher Besorgnis. Die Eurozone ist immerhin mit mäßigen Wachstumsraten aus der Rezession herausgekommen. Die Wachstumsraten sind nicht ausreichend, aber sie sind besser als ein Rückgang des Wachstums.

In Irland und Spanien gehen die Hilfsprogramme dieses Jahr zu Ende. Was ist nicht alles gesagt worden, wie falsch diese Rettungspolitik angelegt sei und dass sie niemals nachhaltig sein könne! Sie bewährt sich Schritt für Schritt. Auch Portugal ist auf dem richtigen Weg und wird Mitte des nächsten Jahres das Ziel seines Hilfsprogramms erreichen. Selbst Griechenland hat inzwischen Fortschritte gemacht, die man vor eineinhalb Jahren kaum für möglich gehalten hätte. Ich sage nicht, dass wir über den Berg sind. Aber wir sind auf dem richtigen Weg. Und es lohnt sich, gegen alle Zweifel konsequent diesen Weg weiter zu gehen.

Niemand darf glauben, dass auf Dauer die Geldpolitik die Probleme lösen könne, die die Finanzpolitik und die Wirtschaftspolitik zu lösen haben. Deswegen warnen wir – mit Unterstützung des Sachverständigenrates – davor, die Geldpolitik zu instrumentalisieren, um die notwendigen Reformanstrengungen in der Finanz- und Wirtschaftspolitik nicht erfüllen zu müssen. Darum gehen die Auseinandersetzungen auch bei der Bankenunion. Natürlich müssen wir den Weg fortsetzen, dass wir Schritt für Schritt die Risiken der Staatsverschuldung von den Risiken des Finanz- und Bankensektors abkoppeln. Wir müssen weiter daran arbeiten, dass die Lehren aus der Finanz- und Bankenkrise der Jahre 2008/2009 gezogen werden und dass der Elan, diese Lehren Schritt zu Schritt zu ziehen, nicht zum Erliegen kommt. Wir wollen nicht wieder über neue Blasenbildungen neue Instabilitäten erzeugen.

Deswegen werden wir für die Bankenunion Schritt für Schritt die EuropäischeBankenaufsicht schaffen. Die EZB arbeitet an der Vorbereitung. Und wir werden einen europäischen Abwicklungsmechanismus schaffen. Entscheidend ist, dass wir klare Haftungskaskaden haben, damit sichergestellt ist, dass sich nicht wiederholt, was 2008 unvermeidlich war. Und dabei bleiben im Übrigen die Mitgliedstaaten in einer entscheidenden Verantwortung.

Die Hoffnung, dass man seine eigene Verantwortung abschieben könne auf die europäische Ebene oder an Haftungsgemeinschaften, ist einfach falsch. Wenn man die Haftung von sich selbst auf andere verlagern kann, wird man nicht die politische Kraft aufbringen, um die notwendigen Entscheidungen für Korrekturen zu treffen.

Das ist im Übrigen die Geschichte unserer Politik zur Stabilisierung des Euro. Die Konditionalität unserer Programme hat sich bis heute in allen Programmstaaten außergewöhnlich positiv bewährt. Und deswegen werden wir in richtig verstandener europäischer Solidarität diesen Weg fortsetzen.

Wir haben eine Fülle von aktuellen Themen und Aufgaben. Wir müssen die attraktiven steuerlichen Rahmenbedingungen in Deutschland in den kommenden Jahren beibehalten und die Politik für mehr Wachstum und Beschäftigung fortsetzen. Wir müssen die Energiewende schrittweise so bewältigen, dass wir mit wettbewerbsfähigen Energiepreisen den Wirtschaftsstandort Deutschland erhalten können. Und wir müssen unseren Arbeitsmarkt so reformieren, dass wir auf der einen Seite erträgliche Sozialbedingungen für alle Teile der Bevölkerung haben und auf der anderen Seite funktionierende Anreizsysteme, dass die Menschen lieber durch Arbeit als durch Sozialleistungen ihren Lebensunterhalt gestalten. Wenn uns das alles gelingt, haben wir auch in den kommenden Jahren eine gute Chance, in einer schwierigen Zeit unserer Verantwortung gerecht zu werden.

Bei diesen großen Herausforderungen bitte ich Sie um Ihre Mithilfe. Sie, die Arbeitgeber in Deutschland, wissen, dass wir ohne die europäische Einigung die Erfolge im letzten halben Jahrhundert niemals erreicht hätten. Und weil wir wissen, dass wir niemals etwas so sicher haben, dass es nicht auch wieder gefährdet werden könnte, müssen wir den europäischen Einigungsprozess weitergehen. Europa kann nicht stehenbleiben. Das war der Grund, eine Währungsunion zu schaffen.

Es muss schrittweise weitergehen. Wir müssen diesen komplizierten, manchmal in seinen bürokratischen Einzelheiten kaum noch zu erklärenden Prozess weiter fortsetzen und wir müssen dafür unsere Bevölkerung gewinnen.

Nichts ist so sicher, dass man nicht eine Jahrestagung der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände dazu nutzen müsste, um dafür zu appellieren. Bitte helfen Sie mit, dass wir die europäische Einigung nicht durch neue populistische Ausflüge verspielen. Die europäische Einigung hat uns über Jahrzehnte bei allen Krisen im Vergleich zu anderen mehr Wohlstand, mehr soziale Sicherheit, mehr wirtschaftliche Möglichkeiten eröffnet – viel mehr, als man noch vor einer Generation zu träumen gewagt hätte. Die Lage ist zu ernst, um all das zu verspielen.

Ich werbe daher für Unterstützung. Sie wissen, was notwendig ist. Sie wissen aber auch, dass man niemals Unmögliches machen kann und immer auch realistisch bleiben muss. Verantwortliche Politik hat nicht einfach nur Wolkenkuckucksheime zu basteln, sondern sie muss unter realistischen Bedingungen, unter den Bedingungen demokratischer Mehrheiten, agieren.

Wer also darauf achtet, dass eine freiheitliche Gesellschaft politisch wie wirtschaftlich nur nachhaltig lebensfähig und stabil ist, wenn sie auf den sozialen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt achtet, der setzt die richtigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

In diesem Sinne werden wir gemeinsam eine Lösung für die kommenden vier Jahre in unserem Lande finden, die es Ihnen, den Arbeitgebern in Deutschland, ermöglicht, den erfolgreichen Weg der letzten Jahre fortzusetzen. Das ist die Aufgabe der Politik – nicht weniger und nicht mehr.